Somatoforme Störungen

Was versteht man unter Somatoforme Störungen?

Personen mit somatoformen Beschwerden leiden unter Körperbeschwerden, für die trotz sorgfältiger Abklärung durch Ärzte keine eindeutige organische Ursache gefunden werden kann. Falls ein pathologischer Organbefund vorliegt, so erklärt dieser nicht das Ausmaß bzw. die Intensität der Beschwerden. Wenn demnach keine (oder keine ausreichend) organische Ursache nachgewiesen werden kann und die betroffene Person unter der Symptomatik leidet, dann spricht der Fachmann von somatoformen Beschwerden. Vereinfacht gesprochen handelt es sich um medizinisch unklare Körperbeschwerden.

Stichwort „Leidensdruck“ – Ab wann leidet man unter somatoformen Beschwerden?

Das zeitweise Auftreten körperlicher Missempfindungen ist normal und dürfte keinem Menschen fremd sein. Die meisten dieser Beschwerden verschwinden nach einiger Zeit wieder von selbst. Andere bleiben hingegen bestehen und können auf Dauer das Leben des Betroffenen enorm einschränken, so dass sich dieser zunehmend belastet fühlt. Nicht nur das Symptomprofil auch der Leidensdruck hat viele Gesichter. Er kann beispielsweise darin bestehen, dass sich der Betroffene sehr viele Sorgen um seine Gesundheit und die möglichen Folgen der Beschwerden macht – seine Gedanken kreisen förmlich um die Beschwerden und den eigenen Körper, so dass es schließlich zu einer gedanklichen Einengung kommt.

Nicht selten begeben sich Betroffene auf eine oft Jahre andauernde Odyssee von Arzt zu Arzt. Viele Betroffene nehmen Medikamente zur Linderung ihrer Körperbeschwerden ein und/oder verändern ihren Lebensstil deutlich, beispielsweise indem sie sportliche Aktivitäten und/oder Anstrengungen anderer Art zusehends unterlassen oder ganz vermeiden.

Leiden kann sich auch darin zeigen, dass die berufliche oder soziale Funktionsfähigkeit des Betroffenen eingeschränkt ist, was sich beispielsweise in häufigen Krankheitstagen oder privaten Terminabsagen widerspiegeln kann. Oft bilden sich in Folge lang bestehender somatoformer Beschwerden zusätzlich depressive Symptome wie Gefühle von Niedergeschlagenheit und Hoffnungslosigkeit, eingeschränktes Genusserleben, sozialer Rückzug, Antriebslosigkeit und verminderte Freude an Aktivitäten, die einem sonst Vergnügen bereiten, aus, was den Leidensdruck zusätzlich verstärkt.

Was versteht man unter somatoformen Beschwerden?

Somatoforme Beschwerden sind vielfältiger Natur und können sämtliche Körperteile betreffen. Zu den häufigsten körperlichen Missempfindungen zählen Schmerzen im Rücken, im Kopf, in den Gelenken oder im Bauch sowie Magen-Darm-Beschwerden wie zum Beispiel Übelkeit, Verstopfung oder Blähungen. Aber auch Schwindel, Schweißausbrüche, Herz- und Atembeschwerden, Schluckbeschwerden (Kloßgefühl im Hals), Lähmungserscheinungen, Hautirritationen, Seh- und Hörprobleme werden häufig berichtet. Dabei finden sich von ärztlicher Seite für diese Körperbeschwerden keine (keine eindeutige) medizinische Erklärung.

Was versteht man unter somatoformen Störungen?

Bei somatoformen Störungen handelt es sich um eine Gruppe von psychischen Störungen, deren wesentliche Gemeinsamkeit darin besteht, dass Betroffene wiederholt über medizinisch unerklärte körperliche Symptome klagen.

Häufig ist bei Betroffenen eine hohe Inanspruchnahme medizinischer Leistungen zu beobachten. Die Beschwerden führen zu einer deutlichen Beeinträchtigung sozialer, privater und beruflicher Funktionen. Zu den wichtigsten somatoformen Störungen gehören folgende Erkrankungsbilder (gemäß ICD-10):

Somatisierungsstörung: Hierbei handelt es sich um eine Erkrankung, die seit mindestens zwei Jahren besteht und durch zahlreiche, wiederholt auftretende und häufig wechselnde körperliche Beschwerden gekennzeichnet ist. Die Symptome können sich auf jedes Körperteil oder -system beziehen.

Undifferenzierte Somatisierungsstörung: Hierbei handelt es sich um eine Erkrankung, die der Somatisierungsstörung stark ähnelt, deren Diagnosekriterien jedoch weniger „streng“ sind. Im Vordergrund der Beschwerden stehen auch hier zahlreiche, unterschiedliche und hartnäckige körperliche Symptome, die jedoch beispielsweise noch keine zwei Jahre andauern oder in nicht so großer Anzahl vorliegen wie bei der Somatisierungsstörung.

Hypochondrische Störung (oder pathologische Krankheitsängste): Hierbei bestehen starke Ängste unter einer ernsthaften körperlichen Krankheit zu leiden (z. B. Krebserkrankungen, ohne dass von ärztlicher Sicht bei dem_der Betroffenen eine entsprechende Organpathologie vorliegt). Zur hypochondrischen Störung zählt auch die sogenannte körperdysmorphe Störung, die durch eine anhaltende und übermäßige Beschäftigung mit einer vermuteten Entstellung bzw. einem körperlichen Makel gekennzeichnet ist.

Auftretenshäufigkeit, Verbreitung

Somatoforme Beschwerden sind in der Allgemeinbevölkerung weit verbreitet. Epidemiologische Studien haben gezeigt, dass etwa jeder vierte bis fünfte Patient einen Arzt aufsucht, ohne dass dieser eine organische Erkrankung feststellen kann. Nach Expertenmeinung besteht demnach eine Prävalenz für somatoforme Beschwerden von 20-25 %.

Psychotherapie bei somatoformen Störungen

Liegt den körperlichen Beschwerden keine medizinisch eindeutige organische Ursache zugrunde, kann eine psychotherapeutische Behandlung helfen. Dabei hat sich die kognitive Verhaltenstherapie in zahlreichen wissenschaftlichen Studien als wirksam erwiesen. Verhaltenstherapeutische Behandlungskonzepte zu somatoformen Störungen haben sich im Laufe der letzten zwanzig Jahre stets systematisch weiterentwickelt und befinden sich in einem kontinuierlichen Optimierungsprozess. Hilfreiche Interventionen können beispielsweise Techniken zur Aufmerksamkeitslenkung und zur Stressbewältigung und die Patient_innen lernen einen Umgang mit ungünstigen Denkweisen (z. B. Katastrophisierung) sowie die Reduktion von Schonungs- und Vermeidungsverhalten. In den letzten Jahren haben auch die Förderung einer funktionalen Emotionsregulation und eine aktive Auseinandersetzung mit den Symptomen (z. B. Schmerzen) zunehmend an Bedeutung gewonnen.